Kommentar zur EZB-Entscheidung für negative Einlagezinsen

Die aktuelle Niedrigzinsphase lässt Freigeld-Anhänger nicht unbedingt jubeln. Die Minuszinsen auf Einlagen bei der EZB sind noch lange keine Umlaufsicherung. Von den Freigeld-Kritikern wird gerne behauptet, dass das aktuelle Zins-Umfeld ja schon dem Freigeld-Gedanken, nämlich fast kostenlose Kredite, entsprechen würde. Jetzt hat die EZB auch noch einen negativen Zins von -0,1% auf die Einlagen der Banken beschlossen. Jetzt haben wir also Freigeld, oder!? Mitnichten!

 

1. Die billigen Kredite nahe 0% können nur Banken bekommen. Die Wirtschaft, Privatmenschen und auch der Staat müssen weiterhin 2% bis 14% Zinsen zahlen. * Und solange diese Zinsen irgendwo im System stecken, muss sie auch irgendjemand bezahlen (alle), während irgendjemand davon profitiert (wenige: die Vermögenden).

2. Negative Zinsen auf Geld ist schon das, was man sich unter Freigeld vorstellt. Man hört es auch unter den Bezeichnungen Umlaufsicherung, Umlaufgebühr, Anti-Hortungsgebühr, Umlaufimpuls, Umlaufantrieb. Allerdings ist der negative Einlagenzins eher so etwas, wie eine relative Kontoführungsgebühr für die Banken. Denn das Bargeld wird von dieser Gebühr überhaupt nicht erfasst.

Die geringen Kreditzinsen im Freigeldsystem resultieren automatisch aus den negativen Zinsen auf Guthaben. Also daraus, dass man lieber sein Geld „kostenlos“ verleiht, als es zu behalten und dafür zahlen zu müssen. Das ist jetzt wohl auch die Intention der EZB. Sie hofft, dass die Banken durch die Minuszinsen eher gewillt sind, ihr Geld zu verleihen, damit auch die Unternehmen in den Krisenländern wie Griechenland endlich wieder zu Krediten kommen. Das Problem ist nur, dass die EZB gleichzeitig die Regularien für Kreditvergaben hochfährt, damit die Banken auch nicht ja zu leichtfertig Kredite vergeben, wie kurz vor der Krise. Da beißt sich die Katze in den Schwanz! Abgesehen davon sind -0,1% viel zu wenig für eine effektive Umlaufsicherung.

Dann wird noch von vielen bemängelt, dass die Niedrigzinsphase schlecht für die Sparer sei, da diese kaum Zinsen bekämen. Das ist wohl richtig. Aber wenn man das Gesamt-Volkswirtschaftlich sieht, ist das so oder so eine Milchmädchenrechnung. Die Zinsen, die die Sparer bekommen, seien es auch Dividenden aus Anleihen oder Aktien, müssen von irgendwem erwirtschaftet bzw. gezahlt werden. Wenn also die Unternehmen weniger Zinsen zahlen wirkt sich das auf die Preise aus, es gibt weniger Inflation. Es sind weniger Zinsen in Preisen zu bezahlen und das Geld entwertet sich langsamer. Und wenn der Staat weniger für seine Anleihen zahlen muss, spart er auch und muss sich weniger neu verschulden, bzw. kann auf Steuererhöhungen verzichten. Schlussendlich: das was der Sparer nicht bekommt, muss er auch nicht erwirtschaften. Denn das tun wir, wenn man unsere Volkswirtschaft im Ganzen betrachtet. Das was der „kleine Sparer“ an Zinsen bekommt hat er zehnfach anderswo erarbeitet oder bezahlt. Niemand kann sich singulär von den anderen sehen. Alle Sparzinsen müssen von irgendwem durch Kreditzinsen gezahlt werden. Und das tun wir alle. Wollen wir hohe Renditen auf unsere Anlagen, brauchen wir eine boomende Wirtschaft, die sich massiv verschuldet und dafür massiv Zinsen zahlt, die wir in Preisen und Steuern zahlen. Auch der Staat mit seinen Steuern ist nicht unser Gegner. Wir sind der Staat und Steuern zahlen ist sinnvoll, wenn damit sinnvolle Ausgaben für die Allgemeinheit getätigt werden. Dass Politiker (Menschen) dabei Fehlentscheidungen treffen, ist eine andere Sache und muss getrennt betrachtet werden.

Nichtsdestotrotz ist es natürlich bitter. Erst sind „die Renten sicher“ (Blüm), dann wohl doch nicht so sehr und man führt private Zusatzrenten, wie Riester und Rürup ein. Jetzt sind die Zinsen so niedrig, dass sich auch diese Zusatzrenten kaum rechnen. Dieses Problem läßt sich aber nicht einfach durch Anheben der Zinsen durch die EZB beheben. Denn das Problem liegt an ganz anderer Stelle. Es liegt schlicht und einfach daran, dass das Geld nicht da ist, wo es gebraucht wird, sondern sich dort sammelt, wo es nicht gebraucht wird. Denn wo es nicht gebraucht wird, wird es nicht ausgegeben und bleibt „hängen“. Dort wo es gebraucht wird, wird es ausgegeben und ist weg, und landet irgendwann dort, wo es nicht gebraucht wird. Diesen Systemfehler muss man grundlegend beheben.


* Nebenbei bemerkt würden Griechische Unternehmer sonstwas machen, um die Konditionen eines deutschen Unternehmers zu bekommen. Die EZB muss mit einem Zinssatz allen in der gesamten Eurozone gerecht werden. Die Zinsen sind nicht so niedrig wegen Deutschland, sondern wegen Griechenland. Davon profitiert der deutsche Häuslebauer, der sein Eigenheim für 2% finanzieren kann. Da muss man schon wieder aufpassen, dass sich in Deutschland keine Immobilienblase bildet. Das wiederum ist aber kein Problem der Zinsen, sonder eines Euros, der versucht, alle unter einen Hut zu bringen.